Steuerliche Gestaltung bei einem Testament

Es ist natürlich sehr wichtig, welche Gestaltungsmöglichkeiten für den Fall der Erbfolge gewählt werden. Folgende Punkte sind dabei besonders zu beachten.

Vermeidung der Doppelbesteuerung:

Die meisten Ehegattentestamente führen dazu, dass das Vermögen letztlich doppelt besteuert wird. Das gilt vor allem bei einem sog. Berliner Testament, in dem sich die Eheleute gegenseitig als alleinige Erben einsetzen und die Kinder zu gleichen Teilen Erben des Längstlebenden sein sollen. Denn das Berliner Testament führt erbschafts-steuerrechtlich zu drei gravierenden Nachteilen:

 Im ersten Erbfall werden die Freibeträge der Kinder verschenkt.
 Im zweiten Erbfall wird das Vermögen ein zweites Mal besteuert.
 Im zweiten Erbfall verschärft sich die Steuerprogression, da das vererbte Ver-mögen größer ist.

Einzige Milderung dieses Ergebnisses ist § 27 ErbStG, der eine Steuerermäßigung gewährt, wenn die Eheleute in einem Zeitraum von nicht mehr als zehn Jahren versterben.

Ebenso wenig hilfreich ist steuerlich die Anordnung von Vor- und Nacherbschaft als Alternative zum Berliner Testament. Dort würde es heißen, dass sich die Eheleute gegenseitig als Vorerben einsetzen und die Kinder Nacherben des Erstversterbenden und Erben des Längstlebenden sind.

Auch in diesem Fall kommt es zu einer Doppelbesteuerung, da auch der Vorerbe ein Erbe ist. Beim Eintritt der Nacherbfolge wird dasselbe Vermögen nochmals versteuert.

Eine Doppelbesteuerung kann aber beispielsweise dadurch abgemildert werden, indem der Ehegatte als Alleinerbe durch größere Vermächtnisse belastet wird.

Wirtschaftlich kann man einen Ehegatten schützen, indem der durch das Vermächtnis Begünstigte ihm eine Stundung der Auszahlung gewährt. Ebenso ist es denkbar, die Fälligkeit des Vermächtnisses hinauszuschieben, um die Liquidität des Ehegatten nicht zu belasten. Das geht aber nicht soweit, dass ein Vermächtnis nach dem Tod des Erstversterbenden erst im zweiten Erbfall fällig werden wird. Nach § 6 Abs.4 ErbStG wird dies als Anordnung der Vor- und Nacherbschaft verstanden.

Das Überspringen einer Generation:

In einem Testament könnte man auch berücksichtigen schon die Enkelkinder zu be-denken. Denn dann kann auch der Freibetrag der Enkelkinder ausgenutzt werden, ebenso entfällt eine Doppelbesteuerung, weil das Vermögen direkt zu den Enkelkindern wandert. Auch gilt, dass Enkelkinder in der Regel einer niedrigeren Steuerpro-gression unterliegen.

Nießbrauchvermächtnis:

Zentraler Gedanke einer erbrechtlichen Regelung ist häufig, dass der überlebende Ehegatte abgesichert ist. Hier gibt es einerseits die Möglichkeit, dass der Partner als Testamentsvollstrecker eingesetzt wird, um die Verwaltungsbefugnis zu behalten. Andererseits ist ein Nießbrauchrecht ein wirkungsvolles Instrument zum Schutz des überlebenden Ehegatten.

So kann geregelt werden, dass im Erbfall die Kinder als Erben eingesetzt werden, der überlebende Ehegatte aber am Nachlass des Erstversterbenden ein lebenslängliches Nießbrauchrecht behält.

Ein solches Nießbrauchrecht enthält das Recht, Nutzungen aus dem Vermögen zu ziehen, also beispielsweise Mieteinnahmen oder Zinseinkünfte. Das Nießbrauchrecht wird aufgrund seiner Bedeutung nachfolgend im Überblick dargestellt.

Funktionen:

Da der Nießbrauch wie kaum ein anderes Recht nach dem Eigentum umfassende Befugnisse einräumt, eignet er sich hervorragend für Vermögensnachfolgeregelungen, bei denen der bisherige Inhaber aber nach wie vor noch ein Mitspracherecht hat. Den Nießbrauch findet man häufig dort, wo es um Vermögensumschichtungen innerhalb von Familien geht. Im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge kann bereits zu Lebzeiten Vermögen auf die Erben übertragen werden und gleichwohl dem Übertragen-den eine Nutzung vorbehalten bleiben. Sollen zwei Personen gestaffelt über Vermögenswerte verfügen können, so sieht das Erbrecht die Vor- und Nacherbschaft als Gestaltungsmöglichkeit vor. Ein vergleichbares Ergebnis lässt sich dadurch erzielen, dass der Nacherbe Vollerbe wird, aber mit einem Nießbrauch des eigentlichen Vorerben belastet wird. Der Erbfall kann als aufschiebende Bedingung gemäß § 158 Abs.1 BGB angesehen werden. Bei Unentgeltlichkeit muss § 2301 BGB beachtet werden. Denkbar ist auch, dass die einzelnen Teile eines Unternehmens an den Nachfolger übertragen werden, dem bisherigen Unternehmer aber jeweils ein Nießbrauch eingeräumt wird, der mit seinem Tod erlischt. Zu Lebzeiten ändert sich tatsächlich für die Fortführung des Unternehmens nichts. Ein Vermächtnisnießbrauch kann dazu dienen, einen Unterhaltsberechtigten abzusichern, ohne ihm eine Erbenstellung einräumen zu müssen. Das Vermächtnis stellt eine schuldrechtliche Verpflichtung des Erben dar. Ein Vermächtnisnießbrauch macht vor allem dort Sinn, wo der Begünstigte aus persönlichen Gründen nicht in eine Miterbengemeinschaft aufgenommen werden soll, beispielsweise ein Kind aus erster Ehe.

Abgrenzungen

Gegenstand des Nießbrauchs können sein: Zinsen einer Forderung, Dividenden einer Aktie, Pachtfrüchte bei Pachtrecht. Aus seiner Nutzungsbefugnis kann ein Berechtigter aber keine Handlungspflichten gegenüber dem Vollrechtsinhaber herleiten. Der Nießbrauch wirkt als Sachenrecht nicht nur inter partes. Neben einem solchen Recht kann aber eine eigenständige vertragliche Vereinbarung geschlossen werden, die dann zwischen den Vertragsparteien zusätzlich gilt. Eine Verknüpfung beider Bereiche erfolgt häufig über eine auflösende Bedingung. In Abgrenzung zu einem Nießbrauch ist die dingliche Verankerung von Leistungspflichten nur in eng begrenzten Bereichen denkbar. Als Beispiel gilt die Reallast gemäß §§ 1105 ff. BGB, die aber nur auf Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte anwendbar ist.

Ein Fahrnisnießbrauch ist an Gegenständen möglich, die Sachen im Sinne des § 90 BGB sind. Das zeigen die §§ 1030 ff. BGB. Der Nießbrauch ist ein beschränkt dingliches Recht, welches regelmäßig kraft Rechtsgeschäft entsteht. Bei beweglichen Sachen gilt § 1032 BGB, der sich an den Vorschriften zur Eigentumsübertragung orientiert.

Der Nießbrauch kann auch (in der Praxis sicherlich häufiger) an Grundstückseigentum bestellt werden (Grundstücksnießbrauch).

Mit dem Tod des Nießbrauchers erlischt der Nießbrauch nach § 1061 BGB. Der Nieß-brauch ist nicht übertragbar ( § 1059 BGB) und nicht vererblich.

Inhalt

Nach dem Sacheigentum ist der Nießbrauch das umfassendste dingliche Recht an einer Sache. Wer einen Nießbrauch innehat, ist berechtigt, die Nutzungen aus der entsprechend belasteten Sache zu ziehen (§ 1030 Abs.1 BGB).

Nutzungen sind gemäß § 100 BGB die Früchte einer Sache (§ 99 BGB) sowie die Gebrauchsvorteile, die eine Sache gewährt. Unmittelbare Sachfrüchte sind organische Erzeugnisse (Tier- und Bodenprodukte, Rohstoffe). Mittelbare Früchte sind Erträge, die eine Sache vermöge eines Rechtsverhältnisses gewährt (Miete, Pacht). Gebrauchsvorteile sind Vorteile, die über die eigentliche Nutzung der Sache hinausgehen (Beispiel: Vorteil als Darlehenssicherheit).

Solange Sachfrüchte mit der Hauptsache verbunden sind, werden sie nicht Gegen-stand eigener Rechte (§ 93 BGB). Die Eigenrechtsfähigkeit beginnt erst mit der Trennung. Mit der Trennung von der Hauptsache erwirbt der Nießbrauchbegünstigte Eigentum an den Früchten. Ein Nießbraucher hat auch das Recht, die belastete Sache zu vermieten oder zu verpachten. Mit Trennung gemäß § 954 BGB erhält der Nießbraucher Eigentum.

Die Möglichkeit des Ziehens von Nutzungen beinhaltet auch die Inbesitznahme der nießbrauchbelasteten Sache. Ansprüche des Eigentümers aus § 985 BGB sind damit ausgeschlossen (§ 986 Abs.1 BGB).

Es ist zulässig, den Nießbraucherwerber von einzelnen Nutzungen auszuschließen. Jedoch ist hier zu beachten, dass der Grundinhalt des Nießbrauchs, eben ein umfassendes Bündel an Nutzungen zu ermöglichen, erhalten bleiben muss.

Der Nießbrauch gewährt grundsätzlich keine Verfügungsmacht über die jeweiligen Belastungsgegenstände. Einen Verfügungsnießbrauch gibt es nicht, da dieser als sol-cher auch gegen den sachenrechtlichen numerus clausus verstoßen würde. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gibt § 1048 S.1 BGB in Bezug auf das Inventar eines Grundstücks.

Wer den Nießbrauch an einer Sache erhält, erlangt grundsätzlich kein Eigentum daran. Es geht schließlich um eine dingliche Belastung von Eigentum, nicht um dessen Übertragung. Auf der anderen Seite soll es der Nießbrauch mit sich bringen, dass manche Nutzungen eben doch zu einem Eigentumsübergang führen sollen. Das zeigt insbesondere § 954 BGB.

Der Nießbrauch als ein dingliches Recht entfaltet seine Wirkung gegenüber jedermann. Das zeigt vor allem § 1065 BGB, der auf die Vorschriften des Eigentumsschutzes Bezug nimmt.

Wird die nießbrauchbelastete Sache dem Nießbrauchinhaber entzogen, kann er gemäß §§ 1067, 985 BGB deren Herausgabe verlangen. Auch die Nutzungen sind nach Maßgabe der §§ 987 ff. BGB herauszugeben. Im Gegenzug werden dem unberechtigten Besitzer die Verwendungsersatzansprüche nach §§ 994 ff. BGB zugestanden. Ge-gen sonstige Beeinträchtigungen kann der Nießbrauchinhaber deren Beseitigung verlangen (§§ 1065, 1004 Abs.1 S.1 BGB).

Im Fall einer verschuldeten Beeinträchtigung wird der Nießbrauch als „sonstiges Recht“ im Sinne des § 823 Abs.1 BGB geschützt. Wer hier etwa eine Sache beeinträchtigt, ist zwei Personen gegenüber zum Schadenersatz verpflichtet: dem Nießbraucher und dem Eigentümer.

In der dinglichen Wirkung erschöpft sich der Nießbrauch nicht. Daneben führt er auch zu einem gesetzlichen Schuldverhältnis. Dieses entsteht, auch wenn die Parteien nichts dergleichen vereinbart haben.

Gemäß § 1058 BGB wird vermutet, dass der Besteller des Nießbrauchs zugleich Eigentümer und damit Partei des gesetzlichen Schuldverhältnisses ist.

Nießbrauchberechtigter und Eigentümer haben das Recht den Wert der Nießbrauchsache feststellen zu lassen. Das ist bei der Rückgabe der Sache von Bedeutung.

Der Eigentümer hat zugleich folgende Pflichten:

 Verwendungsersatz
 Duldungspflicht bezüglich dem Wegnahmerecht des Nießbrauchers
 Außergewöhnliche Verwendungen des Grundstücks bei außergewöhnlichen Ausbesserungen und Erneuerungen

Der Nießbraucher hat dagegen folgende Pflichten:

 Erhaltungspflicht (§ 1041 BGB)
 Versicherung und Tragen öffentlicher Lasten
 Ausgleichspflicht für das im Rahmen der ordnungsgemäßen Wirtschaft verloren gegangene Inventar

Der Nießbrauch ist ein höchst variables Recht, welches nicht allein an Sachen vor-kommen kann. Daneben gibt es auch den Nießbrauch an Rechten (§ 1068 Abs.1 BGB), zum Beispiel an: Forderungen, dingliche Rechte (Voraussetzung ist jeweils die Übertragbarkeit des Rechts), Immaterialgüterrechte, Gesellschaftsanteile. Daneben ist ggf. auch ein Nießbrauch an Vermögen zulässig.

Nießbrauch und Erbschaftssteuer:

Auch das Nießbrauchvermächtnis muss besteuert werden. Hierzu muss der Kapital-wert des Nießbrauchs festgelegt werden. Dieser bemisst sich nach dem jährlichen Ertrag des Nießbrauchs und entsprechenden Variablen. Denkbar ist zum Beispiel eine Gestaltung, in der das Enkelkind das Vermögen erhält und das Kind den Nießbrauch hieran.

Verschaffungsvermächtnis für Grundbesitz:

Denkbar ist, die mittelbare Grundstücksschenkung mit einem Vermächtnis zu kombinieren. Es liegt sozusagen eine mittelbare Grundstücksschenkung von Todes wegen vor, bei der die derzeitigen Bewertungsvorteile bei Immobilien ausgeschöpft werden können.

Erbausschlagung:

Mit einer Erbausschlagung kann Vermögen an Dritte übertragen werden, die eine günstigere Steuerklasse haben oder deren persönlicher Freibetrag noch nicht ausgenutzt worden ist. Eine solche Ausschlagung ist vor allem dann zu empfehlen, wenn der Ausschlagende das Vermögen nicht benötigt. Dabei ist aber Vorsicht angesagt, da eine Erbausschlagung nicht rückgängig gemacht werden kann.

Wichtig ist auch, dass die Ausschlagung nur innerhalb von sechs Wochen nach dem Tod des Erblassers erfolgen kann. Denkbar ist dabei, dass ein testamentarisch eingesetzter Alleinerbe diese Erbenstellung ausschlägt und gesetzlich einen niedrigeren Erbteil erhält.

Pflichtteilsansprüche:

Oft kann es sinnvoll sein, wenn Pflichtteilsberechtigte ihren Pflichtteil einfordern. Denn diese können dann die bestehenden Freibeträge ausnützen. Der Pflichtteilsanspruch mindert gleichzeitig die Erbschaftssteuer. Auch hier gibt es die Möglichkeit einer Stundung des Pflichtteilsanspruchs.

Wichtig ist, dass die häufig in Berliner Testamenten vorhandenen Pflichtteilsstrafklauseln zum Schutz des überlebenden Ehegatten sich nicht steuerlich nachteilig auswirken.

Zugewinnausgleich berechnen:

Im Erbfall hat der überlebende Ehegatte die Möglichkeit einen Zugewinnausgleichsanspruch nach familienrechtlichen Regelungen zu erhalten. Er kann aber auch eine erbrechtliche Lösung wählen (Erhöhung des gesetzlichen Erbteils zu ¼). Hier sollte immer ausgerechnet werden, welche Alternative günstiger ist, da der (familienrechtliche) Zugewinnausgleichsanspruch nicht erbschaftssteuerlich berücksichtigt wird.

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