In vielen anstehenden Erbfällen gibt es einen Auslandsbezug der zu einer Vielzahl von Abwicklungs- und Rechtsproblemen führt, und zwar bereits deshalb, weil der spätere Erblasser und häufig die Familienangehörigen die Rechtswirkungen eines solchen Auslandsbezugs unterschätzen. Das gilt vor allem in vorliegenden Konstellationen:
1. ausländische Staatsangehörigkeit,
2. der Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Ausland,
3. Immobilienvermögen im Ausland (insbesondere von Immobilieneigentum),
4. das Abfassen eines Testaments im Ausland,
5. familienrechtliche Bindungen mit Auslandsbezug (die unter ausländischem Recht vollzogene Ehe oder Adoption),
6. Schenkung von ausländischem Vermögen.
Stellt sich ein solcher Auslandsbezug, so sollten der spätere Erblasser in der Vorbereitung und die Familie bei der Abwicklung nach dem Erbfall insbesondere Themenkreise bedenken, damit der Erbfall unstreitig und in zeitlich angemessenem Rahmen abgewickelt werden kann.
Rechtstipp 1: Vorbereitung der Abwicklung
Dokumente sollten geordnet und mit Blick auf die Anforderungen des ausländischen und inländischen Rechts übersetzt sein. Ist ein Rechtsberater im Ausland, ein Notar oder eine andere Institution mit einbezogen, sollten die Kontaktdaten dokumentiert sein, ebenso kann eine Erklärung zur Entbindung von der Schweigepflicht vorbereitet sein.
Rechtstipp 2: Das Nachlassverfahren
Um zu vermeiden, dass der Nachlass über einen längeren Zeitraum brach liegt, empfiehlt es sich für den Erblasser eine transmortale Vorsorgevollmacht nach deutschem Recht zu erteilen, die die Nachlassabwicklung zumindest im Inland ermöglicht. Eine vergleichbare Regelung für den jeweiligen Auslandssachverhalt ist nach dem dortigen Erwachsenenschutzrecht soweit möglich geboten.
Rechtstipp 3: Vermögensanalyse
Der spätere Erblasser unterstützt die konfrontationslose Nachlassabwicklung, indem er sein in- und ausländisches Vermögen dokumentiert, beispielsweise in dem er seine Immobilien nebst Grundbuchauszügen und den zugrunde liegenden Erwerbsverträgen ordnet, ebenso sein liquides Vermögen (Bankkonten, Aktiendepots u. ä.) mittels Kontounterlagen aufzeigt und insbesondere auch Gesellschaftsbeteiligungen mittels Gesellschaftsvertrag, Satzung und erweiternden Unterlagen ordnet.
Rechtstipp 4: Testamentsgestaltung
Ein zentraler Punkt ist für den späteren Erblasser die sorgfältige Testamentsgestaltung. Hierbei muss im Ausgangspunkt beachtet werden, ob und mit welchen Formvorschriften ein wirksamen Testament in Bezug auf den weltweit belegenen Nachlass gestaltet werden kann.
Rechtstipp 5: Welches Erbrecht ist anwendbar?
Wesentlich ist, dass sich der spätere Erblasser klar macht, welches Erbstatut für ihn aktuell gilt und im Erbfall möglicherweise gelten wird. Dies sollte rechtsanwaltlich geprüft werden.
Rechtstipp 6: Erbschaftssteuer in Abgrenzung zu Erbrecht
Viele Betroffene differenzieren nicht zwischen der Anwendbarkeit von erbschaftssteuerlichen Vorschriften und dem anwendbaren Erbrecht. Beide Fragestellungen sind aber weitgehend unabhängig voneinander. Deshalb sollte bei einem Auslandsbezug eine Prüfung der Anwendbarkeit sowohl des ausländischen, als auch des inländischen Erbschaftssteuerrechts erfolgen. Dabei spielt insbesondere eine Rolle, ob es ein Doppelbesteuerungsabkommen gibt, aber auch, inwieweit die ausländische Erbschaftssteuer steuermindernd auf die inländische Erbschaftssteuer angerechnet wird.
Rechtstipp 7: Realistische Einschätzung des Erbfalls
Die Abwicklung benötigt Zeit, birgt Rechtsunsicherheit, bedarf einer ausführlichen rechtlichen Beratung und Prüfung im In- und ggf. im Ausland, einer sorgfältigen steuerlichen Abwicklung und entsprechend finanzielle Mittel. Viele Laien betrachten einen Erbfall mit Auslandsbezug naiv und sollten vorgewarnt sein.
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