Testierfähigkeitsprüfung

Der Autor beschäftigt sich mit Fragestellungen zur Testierfähigkeit und prüft diese in zahlreichen Sachverhalten und in unterschiedlichsten Konstellationen. Es gibt vor allem zwei große Bereiche, die zu unterscheiden sind. In den meisten Fällen (Bereich 1) stellt sich die Frage, ob nach dem Tod eines Testierenden das Testament wegen einer Testierunfähigkeit angegriffen werden kann.

In Bezug auf diese Fragestellung gibt es eine Vielzahl von emotionalen, rechtlichen, taktischen und wirtschaftlichen Überlegungen. In einer zweiten Konstellation (Bereich 2) wird im Vorfeld eines Erbfalls geprüft, ob eine Testierfähigkeit noch angenommen werden kann. Dies kann aus Sicht eines Testierenden geschehen, wenn er an die Autoren die Frage stellt, ob er überhaupt noch ein Testament errichten kann. Dies kann aber auch von Familienmitgliedern und Dritten als Frage aufgeworfen werden, wenn der Testierende bereits erkrankt ist und die Familie wissen möchte, ob noch die Gefahr droht, dass ein für sie negatives Testament erstellt wird. Auch in dieser Situation gibt es diverse Maßnahmen und Schritte, die zu beachten sind. In bei-den Bereichen kommt es wesentlich darauf an, dass der Begriff der Testierfähigkeit zutreffend eingeordnet wird. Vielfach ist es auch erforderlich, eine Abgrenzung zu anderen Begriffen vorzunehmen. Dies betrifft insbesondere die Begriffe Betreuungsbedürftigkeit, Geschäftsunfähigkeit und Eheunfähigkeit. In der Folge stellen die Autoren die Kernfragen zur Testierfähigkeitsprüfung vor. Wir gehen dabei von dem häufigsten Fall aus. Dieser Fall bein-haltet, dass ein gesundheitlich Angeschlagener ein Testament erstellt. Später tritt dann der Erbfall ein. Familienangehörige des Erblassers stellen fest, dass sie aufgrund dieses Testamentes von der Erbfolge ausgeschlossen sind. Sie suchen den Autor Prof. Dr. Böh als in dieser Fragestellung spezialisierten Rechtsanwalt auf und bitten um eine Beratung. Im Rahmen des Beratungsgespräches sind dann folgende Kernthemen zu berücksichtigen:

1. Notwendige Grunderkrankung: Die Einwendung der Testierunfähigkeit kann nach deutschem Recht nur dann vorgetragen werden, wenn eine ausreichende Grunderkrankung vorliegt.

2. Freie Willensbildung: Wir erleben in vielen Fällen, dass die weiteren Überlegungen zur Prüfung der Testierfähigkeit bereits auf der Ebene der Grunderkrankung nicht mehr weitergeführt werden. Ein bedeutsamer Fall ist der, dass die Familienangehörigen nur von einer leichten Demenz berichten. Hier geben dann die benachteiligten Erbprätendenten zu schnell auf. Denn diese Grunderkrankung dient auf einer ersten Stufe nur dazu, dass das Eingangstor zur Prüfung der Testierunfähigkeit aufgestoßen wird. Die entscheidende Prüfungsebene ist dann aber eine sogenannte zweite Stufe. Auf dieser zweiten Stufe wird nachvoll-zogen, ob der Erblasser wegen dieser Grunderkrankung, aber auch mit Blick auf weitere Situationen in seinem Umfeld, überhaupt noch in der Lage gewesen ist, seinen Willen frei zu bilden.

3. Beweisbarkeit: Auch wenn insbesondere Familienangehörigen über-zeugt sind, dass eine ausreichende Grunderkrankung vorliegt und keine freie Willensbildung mehr möglich war, scheuen viele Familienangehörige davor zurück, die Testierfähigkeit prüfen zu lassen. Dies hängt insbesondere damit zusammen, dass (vermeintlich) keine ausreichenden Beweismittel vorliegen, um die Testierunfähigkeit nachweisen zu können. An dieser Stelle muss die Beratung ausführliche Hinweise zum möglichen Verfahrensablauf enthalten.

4. Verfahrensablauf vor dem Nachlassgericht: Hat man sich für das meist zutreffende Verfahren vor dem Nachlassgericht entschieden, so müssen die richtigen Anträge gestellt bzw. Anregungen gegeben wer-den. Es gibt aber einen Verfahrensablauf, der aus Sicht der Autoren ideal ist.

5. Wünschenswerter Ablauf der Prüfung: In einem ersten Schritt sind sämtliche Unterlagen durch das Nachlassgericht anzufordern, die für die Beurteilung der Testierfähigkeit des Erblassers bedeutsam sind. In einem zweiten Schritt sollte das Nachlassgericht dann einen gerichtlichen Sachverständigen bestellen. In einem dritten Schritt wäre dann eine Zeugeneinvernahme in einem mündlichen Verhandlungstermin geboten, bei dem der Sachverständige nicht nur anwesend ist, sondern ihm auch ein eigenständiges Fragerecht eingeräumt wird. Im Anschluss an diese Beweisaufnahme ist dann durch das Gericht dem Sachverständigen der Sachverhalt vorzugeben, der aus Sicht des Gerichts zur Beurteilung herangezogen werden muss. Das Gericht muss also entscheiden, welcher Sachverhalt bewiesen wurde. Auf Basis dieses Sachverhaltes ist dann das gerichtliche Sachverständigengutachten zu erstellen. Im Anschluss hieran bleibt es dann den beteiligten Partei-en vorbehalten, die Aussage des Gutachtens hin zu einer Testierfähigkeit oder einer Testierunfähigkeit zu werten.

6. Probleme bei Sachverständigengutachten: In der Praxis zeigt sich, dass es vielfach Probleme bei gerichtlichen Sachverständigengutachten gibt. Vereinzelt ist es bereits so, dass der bestellte Sachverständigen nicht ausreichend qualifiziert ist. Es gibt daneben noch Sonderfälle bezüglich weiterer Fehler. Beispielsweise hat der Autor Prof. Dr. Böh er-lebt, dass der Sachverständige im Termin die Zeugen befragte und er erst im Termin feststellte, dass das Gericht vergessen hatte, ihm zahl-reiche Unterlagen vorzulegen. Dies ist nur durch Zufall aufgefallen. Es ist auch bereits vorgekommen, dass der bestellte Sachverständige das Gutachten nicht selbst erstellt hat, sondern ein Mitarbeiter damit beauftragt wurde. Das ist natürlich auch nicht ausreichend.

7. Konsequenzen: Den Betroffenen, insbesondere den von der Erbfolge ausgeschlossenen Familienangehörigen, ist dringend zu empfehlen, dass der Vorgang von Anfang an rechtsanwaltlich spezialisiert begleitet und aufbereitet wird. Nur so ist gewährleistet, dass die richtige Verfahrensart gewählt und der richtige Verfahrensablauf forciert wird. Dies bedeutet nicht nur, dass die richtigen Anträge und Anregungen gestellt werden, sondern, dass dann auch die Beweisaufnahme entsprechend vorbereitet und durchgeführt wird. Auch die Auswertung des Gutachtens bedarf Spezialkenntnisse. Häufig muss im Nachgang zu einem schriftlichen Sachverständigengutachten der Gutachter auch noch mündlich befragt werden, um das Beweisergebnis abzusichern.

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