Testierfähigkeit von unter Betreuung stehenden Personen: „Ist ein Betreuter testierunfähig?“

Für den Fall, dass ein erwachsener Mensch aufgrund von Alter, eines Unfalls oder der allgemeinen gesundheitlichen Situation nicht mehr in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen, sieht der Gesetzgeber eine gesetzliche Betreuung vor. Diese gesetzliche Betreuung ist in den §§ 1896 ff. BGB geregelt.

Voraussetzung für eine solche gesetzliche Betreuung ist die Betreuungsbedürftigkeit der betroffenen Person. Die Betreuungsbedürftigkeit wird vom zuständigen Amtsgericht geprüft und zwar regelmäßig durch ein fachärztliches Gutachten. Dabei besteht häufig die Vorstellung der Beteiligten, dass eine angeordnete gesetzliche Betreuung, die Betreuungsbedürftigkeit vorausgesetzt, dazu führt, dass die betroffene Person keine rechtsgeschäftlichen Erklärungen mehr abgeben kann.

Erbrechtlich bedeutet das in der Folge, dass auch kein Testament mehr geschrieben werden könnte. Dies ist allerdings ein Irrtum. Denn die Betreuungsbedürftigkeit hat inhaltlich und begrifflich nichts mit der Geschäfts- bzw. (im Erbrecht) Testierfähigkeit zu tun. Tatsächlich ist es so, dass circa. 70% aller Betreuungsfälle noch geschäfts- bzw. testierfähig sind. Es ist also viel mehr davon auszugehen, dass eine betreute Person noch testierfähig ist. In der Beratung bedeutet dies, dass eine Testamentsgestaltung grundsätzlich auch bei gesetzlich betreuten Personen möglich ist. Um die Beteiligten aber insoweit abzusichern, ist es sinnvoll, das fachärztliche Gutachten aus dem Betreuungsverfahren hinzuzuziehen. Ggf. gibt es hier auch eine ärztliche Aussage zur Geschäfts- bzw. Testierfähigkeit. Ansonsten wäre eine solche Attestierung vor Testamentserstellung aus Gründen der Rechtssicherheit einzuholen.

Zudem sind die Besonderheiten des gesetzlichen Betreuungsverfahrens mit zu berücksichtigen. Es gibt hier die Alternativen einer gesetzlichen Betreuung mit oder ohne Einwilligungsvorbehalt. Selbst wenn ein Einwilligungsvorbehalt besteht, kann aber Testierfähigkeit vorliegen. Allerdings dürfte dies eher seltener sein.

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