Irrtum über gesetzliche Erbrechtsfolge – Repräsentationsprinzip: „Der Ehegatte erbt allein und schließt ein Kind aus“

Im Rahmen einer normalen familiären Situation mit Eltern und Kindern ist es wirtschaftlich häufig sinnvoll, dass der überlebende Ehepartner alleine erbt. Tatsächlich hat der Gesetzgeber diese Situation aber anders geregelt.

Denn neben dem Ehegatten erben immer die Kinder des Erblassers. Für den Ehegatten kann dies zu vielfältigen Problemen führen. Die Aussage: ,,der Ehegatte erbt alleine und schließt ein Kind aus“ ist falsch. Wirtschaftliche Risiken, die sich aus dieser Überzeugung herausbilden können, sind unter anderen folgende:

Zuerst einmal betrifft das gemeinsame Erben von überlebendem Ehegatten und den Kindern die Familienimmobilie. Stand diese auch im Eigentum des Erblassers, so sind der überlebende Ehegatte und die Kinder nun in einer Erbengemeinschaft bzgl. dieser Familienimmobilie. Der überlebende Ehegatte kann nicht mehr alleine entscheiden, wie er die Immobilie nutzt. Dies betrifft sowohl das eigene Wohnen in der Immobilie (1), aber auch eine mögliche Vermietung der Immobilie (2) und erst recht die Veräußerung der Immobilie (3). Bei allen Entscheidungen ist der überlebende Ehegatte von den Kindern abhängig. Gleiches gilt natürlich auch für den übrigen Nachlass.

Das Problem verschärft sich, wenn die Kinder noch minderjährig sind. Dann kann der überlebende Ehegatte nicht einfach auf Basis seines Sorgerechts für die Kinder entscheiden. Denn er würde sich in einer Interessenkollision befinden. In solchen Fällen wird das zuständige Amtsgericht in der Regel einen sogenannten Ergänzungspfleger für die Kinder bestellen. Es handelt sich dann um einen fremden Dritten, der die Interessen der Kinder wahrnimmt. Es kommt dann ggf. zum Konflikt zwischen dem Ergänzungspfleger und dem überlebenden Ehegatten.

Vergleichbar damit kann ein Problem auftreten, wenn es mehrere Kinder gibt und sich diese Kinder nicht einig sind. Auch dann ist die Erbengemeinschaft handlungsunfähig. Dies wirkt sich in der Regel vor allem zum Nachteil des überlebenden Ehegatten aus.

In der Beratungspraxis stellt sich diese Situation als Kernproblem dar. Zumeist liegt der Wille der Eheleute darin, dass der überlebende Ehegatte abgesichert wird. Für diesen Fall gibt es unterschiedliche testamentarische Regelungen, die aber jeweils individuell zu beraten und anzupassen sind. Alleine Standardformulierungen auf Basis des „Berliner Testaments“ reichen meist nicht aus. Umgekehrt kann natürlich das Interesse des Erblassers auch darin liegen, dass die Kinder im Verhältnis zum überlebenden Ehegatten abgesichert sind. Auch für diesen Fall ist ein Testament nach weitreichender Beratung zu fertigen.

Die Problemsituationen werden gut durch das OLG Bremen in einer Entscheidung aus dem Jahr 2016 dargestellt. Dort geht es unter anderem um das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten, das natürlich durch ein testamentarisches Erbrecht zu Gunsten des Ehegatten modifiziert werden kann. An dieser Stelle ist noch zu ergänzen, dass zwar die Alleinerbenstellung des Ehegatten durch ein Testament bestimmt werden kann. Gesetzliche Pflichtteilsansprüche der Kinder können dadurch aber nicht ausgeschlossen werden. Hier sind dann noch weitere Regelungen notwendig. Auf die Möglichkeit eines notariellen Pflichtteilsverzichts durch die Kinder wird hingewiesen. Dies ist freilich nur einvernehmlich möglich.

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